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August Schnezler: Die Geister zu Gottesau

Zu Gottsau hört man oft in nächt’ger Stunde
Die Mönche klopfen in des Kellers Grunde.

Es pocht und schallt, als schafften ohne Ruh
Viel Küfer an den Fässern ab und zu.

Und oben in des Schlosses Hallengang,
Da rauscht und schlurft es dann so dumpf und bang;

Da geht umher ein kleines weißes Weibchen,
Den Schlüsselbund am schwarzgestreiften Leibchen.

Ihr folgt ein schwarzer Pudel immerdar,
Und rollt ein glühend Feueraugenpaar.

Wohin sie gehn hat Niemand noch gesehn,
Denn sie verwehn, sollen sie Rede stehn.

Und oben in dem kleinen Gartenzimmer,
Sitzt oft ein bleicher Mönch im Mondenschimmer.

Wehmüthig grüßt er Jeden, der ihm naht,
Fortweisend ihn mit stummer Winke Rath.

Weh dem, der sich erfrecht, die Spuckgestalten
Durch Zuruf oder Drohung aufzuhalten!

Dafür auch büßte der Nachtwächter scharf,
Der seinen Spieß nach jenem Pudel warf.

Ein Höllenschmerz durchfuhr ihm Mark und Bein,
In Ohnmacht fiel er auf den kalten Stein.

Da fand man ihn am Morgen halber todt,
Erst spät genas er noch mit knapper Noth.

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August Schnezler: Der Schlangenhof im Schappacher Thal

Im Gute des Bauern dort hinten im Thal,
Da nisten die Schlangen in mächtiger Zahl.

Sie füllen das Haus ihm, den Hof und den Stall
Mit buntem Gewimmel fast überall.

Doch thun sie kein Leids, weder Menschen noch Vieh,
Die friedlichen Leutchen gefährden sie nie.

Sie leben vertraulich mit Herr und Gesind,
Sie leihn sich gemüthlich zum Spiele dem Kind.

Gern nehmen sie Theil an dem ländlichen Mahl,
Da schlürfen sie zierlich die Milch aus der Schal’.

Das Heu in der Scheune, so duftig und weich,
Das ist ihres Königes Sitz und Bereich.

Das Haupt ihm ein goldenes Krönchen umkränzt,
Mit Perl’ und Demant und Karfunkel durchglänzt.

Er wird als Beschützer des Gutes verehrt,
Darin sich die Fülle des Segens vermehrt;

Als hätt’ er’s umzogen mit magischem Bann,
Daß keinerlei Mißgeschick treffen es kann;

Nicht Krankheit noch Seuchen bedrängen es je,
Kein Sturm und Gewitter, kein Hagel und Schnee.

Die Schlangen sie bringen nur Glück in das Haus,
All’ anderen Gütern blüht dieses voraus. –

Als aber der biedere Bauer verstarb,
Ein Anderer käuflich das Hofgut erwarb.

Der war gar ein falscher und geiziger Mann
Und gegen die Schlangen ein wahrer Tyrann.

Ab hieb er dem König das glitzernde Haupt,
Das goldene Krönchen er gierig ihm raubt.

Dann jagt er die Schlangen aus Hof und aus Haus,
Aus Keller und Küchen und Feldern hinaus.

Doch freut er nicht lange des Segens sich mehr,
Der drinnen gewaltet – er büßet es schwer!

Denn Alles verdirbt ihm, als wär’ es verflucht:
Die Heerden, die Gärten, die Wiesen, die Frucht.

Das stattliche Haus, es geräth in Zerfall
Von der Fluth des Gebirgs unterwühlendem Schwall.

Und als er einst Nachts, wie seit lange ja schon,
Sich wälzt auf dem Lager, vom Schlummer geflohn;

Da hört er ein Wispern und Schleichen ringsum,
Ein Zischen und pfeifender Stimmchen Gesumm.

Da ringelt sich’s ihm um den Nacken so kalt,
Umschlingt ihm die Glieder mit Riesengewalt;

Da züngeln viel Hundert von Schlangen ihn an,
Mit betäubendem Odem, mit spitzigem Zahn.

Sie halten mit rächender Wuth ihn umstrickt;
Sein Schreien, sein Röcheln, – bald ist es  e r s t i c k t.

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