Die festlich anmutende Ballade vom „Mädchenkreuz in Freiburg“ erschien am 3. Februar des Jahres 1856 auf der Titelseite der „Freiburger Zeitung“. Ihr Verfasser war der aus Markelsheim in Nordwürttemberg stammende katholische Theologiestudent Kilian Halbmann (1828–1861), der damals eine ganze Reihe solcher Sagenballaden unter dem Titel „Badische Sagen“ in dem Blatt veröffentlichte.
Das besungene Kreuz, ein Scheibenkreuz aus vergoldetem Silber mit hölzernem Kern, befindet sich noch heute im Freiburger Münsterschatz und stammt aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Der Beiname „Mädchenkreuz“ steht in Zusammenhang mit der von Halbmann dichterisch bearbeiteten Sage. Deren frühestes bislang bekanntes Zeugnis ist eine eher beiläufige Erwähnung in der 1846 bei Franz Xaver Wangler anonym herausgegebenen „Beschreibung der Frohnleichnams-Prozession, wie solche alljährlich zu Freiburg im Breisgau gefeiert wird“. Darin wird auf Seite 12 die Reihenfolge der Prozessionsteilnehmer wiedergegeben, wobei das besagte Vortragekreuz genannt wird:
„4) Das schwere silberne Kreuz von eigenthümlicher (Scheiben)Form mit zwei kleinen Fahnen, von welchem die Sage erzählt, daß ein spielendes Mädchen dasselbe auf der Höhe des Schloßberges, in der Nähe des am Kreuzwege stehenden steinernen Kreuzes, gefunden habe und weßhalb es auch jetzt noch
5) den ledigen Frauenzimmern und
6) den Frauen, die nun folgen, vorgetragen wird.“
Fünf Jahre später war die Sage dann in deutlich abgewandelter Form und ausführlicher in Bernhard Baaders 1851 erschienenen „Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden“ enthalten.
Das in der letzten Strophe der Ballade genannte Steinkreuz, das auch bei Baader und in der Prozessionsbeschreibung erwähnt wurde, befindet sich noch heute am Westhang des Schlossbergs. Der Inschrift zufolge wurde es im Jahr 1834 errichtet; unterhalb des Gekreuzigten ist zu lesen: „Maier sculp: 1834“. Eine offenbar später angebrachte Inschrift am Sockel lautet: „Aus Liebe zu ihrem ERLÖSER stiftete dieses Denkmal die ehrsame Küfers-Wittwe THERESIE BENCK geborene MACK im Jahre MDCCCXXXIV.“
Für einen direkten Zusammenhang zwischen der Stiftung des Kreuzes und der Sage gibt es keinen Anhaltspunkt. Möglicherweise gab dieses Kreuz, an dem vermutlich zunächst kein Hinweis auf seine Stifterin angebracht war, überhaupt erst den Anlass dazu, den Fund des Scheibenkreuzes gerade hier zu lokalisieren. Vielleicht ist die ganze Mädchenkreuzsage gar erst nach 1834, motiviert durch die Aufstellung des Kreuzes, entstanden.
Dass die Ballade nicht in Vergessenheit geraten ist, ist dem Freiburger Theologen und Lokalhistoriker Heinrich Schreiber zu verdanken. Dieser nahm sie nebst weiteren Dichtungen Halbmanns in seine 1867 erschienene Sammlung „Die Volkssagen der Stadt Freiburg im Breisgau und ihrer Umgebung“ auf. Der Autor lebte damals bereits seit sechs Jahren nicht mehr, er war während seines Vikariats in Unteralpfen schwer erkrankt und Anfang 1861 während einer Kur in Mergentheim verstorben.
Ausführliche Erläuterungen
Jiří Hönes – Kilian Halbmann: Das Mädchenkreuz in Freiburg (2015, überarbeitete Fassung 2017)
[PDF]
Zum Autor
Jiří Hönes – Verwaist, mittellos und krank – das schwere Los des Dichters Kilian Halbmann (2015, überarbeitete Fassung 2017)
[PDF]
Downloads
Das Mädchenkreuz in Freiburg (Freiburger Zeitung)
[PDF]
Das Mädchenkreuz (Die Volkssagen der Stadt Freiburg im Breisgau und ihrer Umgebung)
[PDF]
Anonymus: Beschreibung der Frohnleichnams-Prozession, wie solche alljährlich zu Freiburg im Breisgau gefeiert wird. Mit einer kurzen Geschichte über die Entstehung des Festes und sämmtlichen Gebeten und Gesängen bei demselben. Ein Beitrag zu dessen 600jähriger Feier (Auszug)
[PDF]
Bernhard Baader: Das Mädchenkreuz
[PDF]
Links
Wikisource: Kilian Halbmann, Quellen und Volltexte
Quelle
Freiburger Zeitung Nr. 29 vom 3. Februar 1856.
Verleger und Drucker: Fr Xav.Wangler.
Freiburg.
S. 1-2.
[Uni Freiburg]
Mein herzlicher Dank gilt allen, die mich in Zusammenhang mit den Nachforschungen zu Kilian Halbmann und seiner Ballade sowie zum Mädchenkreuz mit Informationen und Literaturhinweisen unterstützt haben: Christoph Schmider und László Strauß-Németh vom Erzbischöflichen Archiv Freiburg, Peter Kalchthaler vom Museum für Stadtgeschichte Freiburg, Hans-Peter Widmann vom Stadtarchiv Freiburg sowie Harald Riege von der Bibliothek des Augustinermuseums Freiburg.