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{"id":244,"date":"2012-11-09T15:58:09","date_gmt":"2012-11-09T13:58:09","guid":{"rendered":"http:\/\/sagenballaden.de\/?p=244"},"modified":"2015-09-18T12:51:54","modified_gmt":"2015-09-18T10:51:54","slug":"karl-gerok-die-weinberghalde-zum-suender","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/sagenballaden.de\/karl-gerok-die-weinberghalde-zum-suender\/","title":{"rendered":"Karl Gerok: Die Weinberghalde zum S\u00fcnder"},"content":{"rendered":"

Nach einer Stuttgarter Chronik
\n2. Jun. 1339<\/small>
\n
\nDie Morgensonne, sie flimmert so hell,
\nDas S\u00fcndergl\u00f6cklein es wimmert so grell,
\n  Es kommen die Leute zu Haufen
\n  Durch Stuttgarts Gassen gelaufen.
\n
\nDem Rugger gilt es, dem jungen Blut,
\nSchad ists um des Junkers adligen Muth,
\n  Mit seinen gelbkrausen Haaren,
\n  Mit seinen zwanziger Jahren.
\n
\nEr trug den Kopf auf den Schultern so keck,
\nAuch trug er das Herz auf dem rechten Fleck,
\n  Doch der Zorn und der Wein und die Minne
\n  Die brachten ihn leider vom Sinne.
\n
\nIm Adelberghof gabs fr\u00f6hlichen Schall,
\nDa schlugen die Junker und Knappen den Ball,
\n  Es standen die Jungfern und Frauen,
\n  Am Gatter das Spiel zu beschauen.
\n
\nUnd die sch\u00f6nste darunter, des Loselins Kind,
\nDie hat der Rugger im Herzen geminnt,
\n  Der wollt\u2019 er im Spiele vor allen
\n  Als r\u00fcstiger K\u00e4mpe gefallen.
\n
\nDoch der Wei\u00dfenburger, der zierliche Fant,
\nDer schlug den Ball mit geschickterer Hand,
\n  Macht dreimal den Rugger zu Schanden,
\n  Da\u00df er schlecht vor der Liebsten bestanden.
\n 
\nUnd die schalkische Hilde mit rosiger Hand
\nLustpatschte dem Sieger, dem Rugger zur Schand,
\n  Drob ist ihm vor grimmigem Grollen
\n  Das Herz im Leibe geschwollen.
\n
\nHinschmi\u00df er den Ball und den Schl\u00e4ger ins Eck
\nUnd hub sich in zornigem Muthe vom Fleck,
\n  Lief hin, beim Wirthe zur Ilgen
\n  Den Gift im Weine zu tilgen.
\n
\nDa sieht er vom Fenster die zierliche Maid
\nDurchs G\u00e4\u00dflein gehn in des Junkers Geleit,
\n  Ihr lustiges Lachen und Scherzen
\n  Das grub ihm wie Messer im Herzen.
\n
\nStumm trank er, da kam auch sein Spielkumpan:
\n\u201eSei kein th\u00f6richter Wenzel und klinge mit an!\u201c
\n  Weg stie\u00df der Erboste die Kannen
\n  Und st\u00fcrzte verwildert von dannen.
\n
\nUnd am Pf\u00f6rtlein pa\u00dfte er mit nackender Wehr,
\nDer Junker kam pfeifend die Stiege daher,
\n  Kein Wort hat der Rugger gesprochen,
\n  Die Klinge durchs Herz ihm gestochen.
\n
\nDrei Tage, so sa\u00df man zum Blutgericht,
\nDa bekannt\u2019 er die That und leugnete nicht;.
\n  Sie haben das St\u00e4blein gebrochen,
\n  Das Haupt ihm vom Halse gesprochen.
\n
\n\u201eUnd mu\u00df ich denn sterben, ihr lieben Herrn,
\nUm eins noch bitt\u2019 ich, das g\u00f6nnet mir gern:
\n  Nicht am Markt, \u2013 auf gr\u00fcnender Haiden
\n  La\u00dft den bitteren Tod mich erleiden.
\n
\nAm Gabelberg liegt mir mein Ahnengut,
\nDa la\u00dft mich verspritzen mein junges Blut,
\n  Wo mein Vater den Wingert gebauet,
\n  Wo vom Berge die Stadt man erschauet.
\n
\nZwar steil ist der Steig und der Weg ist lang,
\nDrum g\u00f6nnt mir die Labe zum letzten Gang,
\n  Vom eignen Gew\u00e4chse, vom Rothen
\n  Sei dreimal ein Trunk mir geboten!
\n
\nUnd sterb\u2019 ich der Letzte vom alten Geschlecht,
\nSo stift\u2019 ich den Wingert zum ewigen Recht:
\n  Da\u00df jeglichem S\u00fcnder vom Rothen
\n  Der Letztunk werde geboten!\u201c \u2013
\n 
\nUnd wie sie ihn f\u00fchrten zum Thore hinaus,
\nDa trank er zum ersten am Thorwartshaus,
\n  Zum zweiten am Steig in der Mitten
\n  Und oben am Berge zum dritten.
\n
\nDrauf kniet er, ihn segnet der Beichtiger ein,
\nDann setzt er sich nieder aufs M\u00e4uerlein,
\n  Wo sein Vater den Wingert erbauet,
\n  Wo vom Berge die Stadt man erschauet.
\n
\nDie Sonne am Himmel sie flimmert so hell,
\nDas Gl\u00f6cklein im Thale es wimmert so grell,
\n  Und die Stadt und die Berg\u2019 und die Auen,
\n  Sie sind so wonnig zu schauen.
\n
\nUnd der Rugger schauet zum letztenmal
\nDie Halde hinunter ins gr\u00fcnende Thal:
\n  \u201eO du Stadt, o du Welt, o du Leben,
\n  Valet nun mu\u00df ich dir geben!\u201c
\n
\nUnd er wendet sein Haupt zu dem Volk im Rund,
\nSagt den Freunden Ade mit zuckendem Mund:
\n  \u201eIhr Br\u00fcder, nun geht es zum Scheiden,
\n  Den bitteren Tod mu\u00df ich leiden!\u201c
\n
\nUnd er schauet zum leuchtenden Himmel hinauf:
\n\u201eHerr Christ, nun nimm mich zu Gnaden auf,
\n  Und opfr\u2019 ich den Leib dir im Sterben,
\n  So la\u00df nicht die Seele verderben!\u201c
\n
\nVorbeugt er den Hals und das Ritterschwert blitzt,
\nUnd ihm rollet sein Haupt in den Scho\u00df wie er sitzt,
\n  Und langsam ist er wie trunken
\n  Ins Gras und die Blumen gesunken.
\n
\nIm Weinberg droben am M\u00e4uerlein
\nNoch k\u00fcndet die M\u00e4r ein verwitterter Stein,
\n  Und auf Kinder und Kindeskinder
\n  Benennt man die Halde \u201ezum S\u00fcnder.\u201c
\n
\nWer hat uns dies Liedlein vom Rugger gemacht?
\nEin Schreiber von Stuttgart hat es erdacht,
\n  Sa\u00df gestern droben am Steine
\n  \u2013 Mutterseelenalleine. \u2013
\n
\n
\n