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{"id":1686,"date":"2014-06-03T14:48:53","date_gmt":"2014-06-03T12:48:53","guid":{"rendered":"http:\/\/sagenballaden.de\/?p=1686"},"modified":"2017-09-08T18:22:44","modified_gmt":"2017-09-08T16:22:44","slug":"karl-doll-glockenheimweh","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/sagenballaden.de\/karl-doll-glockenheimweh\/","title":{"rendered":"Karl Doll: Glockenheimweh"},"content":{"rendered":"

Wo ringsum Wonnen bl\u00fchn und Wein,
\nDer Berg, er hei\u00dft der Wunnenstein.
\nEs mag auf segensreichre Auen
\nIm Schwabenlande keiner schauen.
\n
\nEin Kirchlein in vergangner Zeit
\nStand dort, Sankt Michael geweiht;
\nDas trug ein Gl\u00f6cklein, gar ein feines,
\nWie das, so klang im Lande keines.
\n
\nDenn seit das Gl\u00f6cklein oben hing,
\nKein Hagel rings mehr niederging,
\nDie grimmen Wetter schwarz und bange,
\nSie brachen sich an seinem Klange.
\n
\nVon Wunnenstein ein Herr einst war
\nZum heilgen Land gezogen dar,
\nHieb manchen Heiden aus dem B\u00fcgel,
\nDas Heilthum baut er auf den H\u00fcgel.
\n
\nZum Berge nach dem Gotteshaus
\nSah mancher Ort mit Neid hinaus
\nDer gnadenreichen Glocke wegen
\nMit ihrem kr\u00e4ft\u2019gen Wettersegen.
\n
\nHeilbronn zumal, die reiche Stadt,
\nSo nur gemeine Glocken hat;
\nDer Kaufherrn Trachten stund und Sinnen,
\nWie dieses Kleinod zu gewinnen.
\n
\nEin Kloster hinter\u2019m Berge ruht,
\nDas Kirchlein stund in seiner Hut.
\nZum Frauenstifte Boten liefen
\nMit schlauem Gru\u00df und schlauern Briefen.
\n
\nDrin stund: Aebtissin, fromme Fraun,
\nWollt uns das Gl\u00f6cklein anvertraun;
\nM\u00f6gt ihr am ehrnen Klang euch laben?
\nUnd k\u00f6nnt daf\u00fcr doch goldnen haben!
\n
\nMit Kranz und Band vom Wunnenstein
\nWas zieht dort in das Land hinein?
\nEin langer Zug mit Ro\u00df und Wagen,
\nDas Gl\u00f6cklein nach Heilbronn zu tragen.
\n
\nUnd als der Zug am Thor erschien,
\nDas Volk umdr\u00e4ngt, umjubelt ihn,
\nUnd als die Glocke hing im Thurme,
\nDa schwoll der Jubel gar zum Sturme.
\n
\nO schaut, o schaut! von Westen her
\nZieht ein Gewitter schwarz und schwer.
\nWas hat das Wetter viel zu sagen?
\nBraucht ja die Glock nur anzuschlagen.
\n
\nSchon ziehn am Strang wohl ihrer drei:
\nDie Glocke schwankt und schwinget frei,
\nSie l\u00e4\u00dft sich ziehn und l\u00e4\u00dft sich schwingen,
\nZum L\u00e4uten doch sich nimmer zwingen.
\n
\nUnd zogen ihrer neun am Strang;
\nDie Glocke gab nicht Einen Klang;
\nSie lie\u00df sich ziehn, sie lie\u00df sich schwingen,
\nZum L\u00e4uten doch sich nimmer zwingen.
\n
\nSie sah wohl nach dem Gotteshaus,
\nNach dem geliebten Berg hinaus.
\nAch, in den fremden, kalten Mauern
\nWie mu\u00dfte sie vor Heimweh trauern!
\n
\nOb all den schwarzen D\u00e4chern hier
\nDie Brust vor Erz zersprang ihr schier,
\nSie mochte keinen Laut mehr geben
\nUnd schied am liebsten aus dem Leben.
\n
\nUnd sie gebot dem Wetter nicht.
\nDer Hagel rauscht in Str\u00f6men dicht,
\nDazwischen zucken grelle Flammen,
\nAls sengten sie die Stadt zusammen.
\n
\nDie B\u00fcrger, wie sie solches sahn,
\nEin j\u00e4her Schrecken kam sie an:
\nDem Himmel, klar ists an der Sonnen,
\nMi\u00dffiel die List, die sie gesponnen.
\n
\nUnd als der Morgen schien ins Thor,
\nWas meint ihr, kam daraus hervor?
\nZw\u00f6lf Pferde ziehen einen Wagen,
\nDer Wagen mu\u00df ein Gl\u00f6cklein tragen.
\n
\nDie Thiere qu\u00e4lten sich gar sehr,
\nFast schien die Last f\u00fcr sie zu schwer;
\nAls sie des Berges Fu\u00df gewannen,
\nDa mochten kaum sie mehr von dannen.
\n
\nDa halfen Peitsche nicht und Ruf,
\nEs schlug den Grund umsonst ihr Huf:
\nDoch was zw\u00f6lf Rosse nicht bezwungen,
\nZween Stieren ist es leicht gelungen.
\n
\nDa schirrt ein ackernd B\u00e4uerlein
\nGar freudvoll statt der M\u00e4uler ein,
\nUnd sieh, zu Berge schritten beide
\nIn muntern Spr\u00fcngen, wie zur Weide.
\n
\nSie trabten mit der blanken Last,
\nAls ob sie solcher ledig fast.
\nNicht lang, so sah die Glocke wieder
\nHoch oben von dem Berge nieder.
\n
\nAls dort sie hing, dem Himmel nah,
\nVon selbst vor Luft erklang sie da,
\nDas klang wie holde Himmelskunde
\nIn alle H\u00fctten in der Runde.
\n
\nVerwaist nun steht der Wunnenstein.
\nWer wei\u00df, wo mag die Glocke sein?
\nDoch h\u00f6rt wer Acht hat, oft ein Singen
\nWie fernen Glockenlaut erklingen.
\n
\n
\n