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{"id":898,"date":"2013-02-19T23:23:45","date_gmt":"2013-02-19T21:23:45","guid":{"rendered":"http:\/\/sagenballaden.de\/?page_id=898"},"modified":"2016-02-27T13:13:48","modified_gmt":"2016-02-27T11:13:48","slug":"ueber-sagenballaden","status":"publish","type":"page","link":"https:\/\/sagenballaden.de\/ueber-sagenballaden\/","title":{"rendered":"\u00dcber Sagenballaden"},"content":{"rendered":"

Sagenballaden sind, wie auch Sagen in Prosa, Produkte der romantischen Bewegung am Anfang des 19. Jahrhunderts. Einfach gesagt handelt es sich bei einer Sagenballade um eine Sage in Versform. Doch hinter der Gattungsbezeichnung \u201eSage\u201c verbirgt sich ein breit gef\u00e4chertes Sammelsurium an Textsorten, die nur schwer unter einen Hut zu bringen sind. Der Begriff wurde nachhaltig gepr\u00e4gt durch die Br\u00fcder Grimm und ihre Sammlung \u201eDeutsche Sagen\u201c, die in zwei B\u00e4nden 1816 und 1818 erschienen war. Zwar war die erste deutsche Sagensammlung schon im Jahr 1800 unter dem Titel \u201eVolcks-Sagen\u201c von Johann Karl Christoph Nachtigal alias Otmar herausgegeben worden, doch kam kein Werk je an die Bedeutung der \u201eDeutschen Sagen\u201c heran.
\n
\nDie Br\u00fcder Grimm unterteilten ihre Sammlung in \u201eHistorische Sagen\u201c und \u201eOrtssagen\u201c: W\u00e4hrend erstere Begebenheiten aus dem weiten Feld der Geschichte thematisieren, behandeln letztere in erster Linie d\u00e4monologische Stoffe, also \u00fcbernat\u00fcrliche Wesen jeglicher Art. Die Unterteilung in historische und Ortssagen gilt heute als \u00fcberholt, nicht selten wird das gesamte Konstrukt der Gattung \u201eSage\u201c infrage gestellt, so der Volkskundler Hermann Bausinger: \u201eGibt es nun wirklich eine \u00fcberzeugende Verbindung zwischen dem kargen Hinweis, da\u00df in einem bestimmten Waldst\u00fcck ein Mann ohne Kopf umgehe, und der breit ausgemalten Erz\u00e4hlung von der Zerst\u00f6rung einer Burg durch die Raubritter?\u201c [<\/a>1<\/a>]
\n
\nStellvertretend f\u00fcr zahlreiche Versuche, Sagen in verschiedene Gruppen einzuteilen, sei hier das Modell von Bausinger genannt. Er nennt drei Gro\u00dfgruppen. Entscheidend ist dabei, welcher Anlass zur Entstehung der jeweiligen Sage gef\u00fchrt hat. Eine \u201ehistorische Sage\u201c geht demnach auf ein \u201ein freilich recht weitem Sinne\u201c historisches Ereignis zur\u00fcck. Die \u201ed\u00e4monische Sage\u201c hat ihren Ursprung in einem Erlebnis, meist \u201e\u00fcbernat\u00fcrlichen Inhalts\u201c, und die \u201eaitiologische Sage\u201c versucht, bestimmte Ph\u00e4nomene wie eigenartige Ortsnamen oder Naturerscheinungen zu erkl\u00e4ren. [
<\/a>2<\/a>] Bausinger weist entschieden darauf hin, dass zwischen diesen Gruppen \u00dcberschneidungen bestehen.
\n
\nOhne Sammler keine Sagen<\/strong>
\n
\nDer Historiker Klaus Graf verdeutlicht das Gattungsproblem mit einer zugespitzten Definition: \u201eSagen sind das, was man in B\u00fcchern, die \u201aSagenb\u00fccher\u2018 hei\u00dfen, vorfindet.\u201c [
<\/a>3<\/a>] Dadurch wird sogleich die Vorstellung von einer m\u00fcndlichen Textsorte relativiert, denn ohne all die Sammler, die seit dem 19. Jahrhundert durch die Lande zogen, Sagen aufschrieben und in B\u00fcchern ver\u00f6ffentlichten, g\u00e4be es wohl \u00fcberhaupt keine Textsorte mit dem Namen \u201eSage\u201c. Sicher, Sagen wurden und werden zun\u00e4chst erz\u00e4hlt, doch ohne die schriftliche Fixierung h\u00e4tten sie keinen Bestand: \u201eOhne die Erz\u00e4hler g\u00e4be es keine Sagen, ohne die Sammler aber auch nicht.\u201c [<\/a>4<\/a>] Graf weist denn auch auf ein weiteres Sagenklischee hin, das sich bis ins 21. Jahrhundert h\u00e4lt: \u201eSagen sind nun einmal keine Relikte uralter Volkskultur, die als genuine Quellen etwa des germanischen G\u00f6tterglaubens im Schw\u00e4bischen dienen k\u00f6nnten. Sagen sind \u2013 das ist bei einem Blick auf die Forschungsgeschichte beileibe keine Trivialit\u00e4t \u2013 als literarische Dokumente und Zeugnisse einer m\u00fcndlich-schriftlichen Mischkultur ihrer Zeit ernst zu nehmen, also des 19. und 20. Jahrhunderts.\u201c [<\/a>5<\/a>]
\n
\nSo wie also die m\u00fcndliche Erz\u00e4hlkultur die Literatur beeinflusst hat, hat auch umgekehrt die gedruckte Literatur die Erz\u00e4hlkultur beeinflusst. Die zahlreichen Mittelaltersagen mit ihren Rittern und Burgfr\u00e4ulein tragen eindeutige Z\u00fcge der Literatur des fr\u00fchen 19. Jahrhunderts und sind mitnichten das Ergebnis einer jahrhundertelangen m\u00fcndlichen \u00dcberlieferung. Gerade die historischen Sagen, die h\u00e4ufig Bezug auf bestimmte Herrschergeschlechter wie W\u00fcrttemberg oder Hohenzollern nehmen, dienten in der ersten H\u00e4lfte des 19. Jahrhunderts zur St\u00e4rkung des Patriotismus in den jeweiligen L\u00e4ndern. Es waren zun\u00e4chst auch haupts\u00e4chlich historische Sagen, die im Gewand der Ballade in Zeitungen, Zeitschriften und B\u00fcchern ihre Leserschaft suchten.
\n
\nIm Gegensatz zur Gattung Sage herrscht bei der Ballade weitgehende Klarheit, was die Definition angeht. Unterschieden wird zun\u00e4chst in Volks- und Kunstballaden. Erstere sind \u201eanonyme, m\u00fcndlich tradierte und nur bruchst\u00fcckhaft \u00fcberlieferte vielfach zersungene [\u2026] Volksdichtung\u201c und hatten ihre Bl\u00fctezeit im 15. und 16. Jahrhundert. [
<\/a>6<\/a>] Die Kunstballade ist dagegen das, was gemeinhin unter dem Begriff \u201eBallade\u201c verstanden wird: Nach Hartmut Laufh\u00fctte handelt es sich um eine episch-fiktionale Gattung, die \u201eimmer in Versen, meist gereimt und strophisch, manchmal mit Benutzung refrainartiger Bestandteile und oft mit gro\u00dfer metrisch-rhythmischer Artistik gestaltet\u201c ist. [<\/a>7<\/a>] Ihre Anf\u00e4nge liegen in der zweiten H\u00e4lfte des 18. Jahrhunderts, bei Gottfried August B\u00fcrger, Ludwig H\u00f6lty und Johann Wolfgang von Goethe.
\n
\nUhland, Kerner und die Schw\u00e4bische Romantik<\/strong>
\n
\nSagenballaden sind demnach immer Kunstballaden, auch wenn sie oft \u2013 doch l\u00e4ngst nicht immer \u2013 volkst\u00fcmliche Stoffe aufgreifen. Zwar stammen sie nicht zwingend von bedeutenden Autoren, doch volkst\u00fcmlichen Ursprungs sind sie nie. Die Literaturwissenschaft kennt die Untergattung \u201eSagenballade\u201c in der Regel nicht. Der Begriff wurde durch die Sagenforschung gepr\u00e4gt, Literaturwissenschaftler sprechen bei Sagenballaden gew\u00f6hnlich von \u201ehistorischen Balladen\u201c oder \u201enuminosen Balladen\u201c. Ob es sich bei den Vorlagen um Sagen handelt, interessiert bei dieser Einteilung nicht weiter. Eine numinose (\u00fcberwirkliche) Ballade kann \u00dcbernat\u00fcrliches thematisieren, ohne eine Sagenballade im Sinne der Volkskunde zu sein, so etwa \u201eDer Knabe im Moor\u201c von Annette von Droste-H\u00fclshoff.
\n
\nDie ersten Sagenballaden im s\u00fcdwestdeutschen Raum entstanden im zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts. Dabei waren die Hauptverantwortlichen die Vertreter der Schw\u00e4bischen Dichterschule um Ludwig Uhland, Justinus Kerner und Gustav Schwab. Von letzterem erschienen am 14. April 1815 in Cottas \u201eMorgenblatt f\u00fcr gebildete St\u00e4nde\u201c zwei Sagenballaden: \u201eDie Achalm\u201c und \u201eDie T\u00fcbinger-Schlo\u00df-Linde\u201c, [
<\/a>8<\/a>] denen bald weitere folgten. Erstere ist eines der eher seltenen Beispiele f\u00fcr eine aitiologische Sage in Balladenform, gibt sie doch eine naive Erkl\u00e4rung f\u00fcr den Namen des Reutlinger Hausbergs Achalm. Im selben Blatt ver\u00f6ffentlichte am 18. Januar 1821 der in Hermaringen wirkende Pfarrer Rudolf Magenau, ein Jugendfreund Friedrich H\u00f6lderlins, die Ballade \u201eDie Felsen im Brenz-Thale\u201c, die den Stoff einer \u00f6rtlichen Sage aufgriff. [<\/a>9<\/a>] Im 1823 erschienenen Reisef\u00fchrer \u201eDie Neckarseite der Schw\u00e4bischen Alb\u201c von Gustav Schwab fanden sich zahlreiche Sagen, sowohl in Prosa als auch in Form von Balladen. [<\/a>10<\/a>]
\n
\nDie in Ludwig Uhlands 1815 erschienener Gedichtsammlung enthaltenen historischen Balladen wie etwa \u201eGraf Eberhard der Rauschebart\u201c oder \u201eSchw\u00e4bische Kunde\u201c machen deutlich, dass eine Trennung zwischen Geschichts- und Sagenballade schwierig \u2013 oder nach Klaus Graf \u2013 \u201eweder m\u00f6glich noch sinnvoll\u201c ist. [
<\/a>11<\/a>] Nach Winfried Woesler dominieren bei historischen Balladen insgesamt regionale Themen: \u201eDie Suche nach originalen Themen und Stoffen hat die Sp\u00e4tromantiker oft veranla\u00dft, sich der Region zuzuwenden. Nicht nur Br\u00e4uche, Volksglauben, M\u00e4rchen, Sagen und Lieder wurden gesammelt, die Geschichte der einzelnen St\u00e4mme und Landschaften wurde daraufhin durchforscht, ob es merkw\u00fcrdige, f\u00fcr die literarische Gestaltung geeignete Stoffe gab. Diese \u201aregionalen\u2018 Geschichtsballaden sind h\u00e4ufiger als solche, welche die Reichsgeschichte behandeln.\u201c [<\/a>12<\/a>]
\n
\nEs darf auch nicht vergessen werden, dass viele der fr\u00fchen Sagensammler, wie etwa die Br\u00fcder Grimm, kaum m\u00fcndliche Quellen f\u00fcr ihre Sagen hatten. Sie entnahmen die Stoffe vielmehr unterschiedlichen schriftlichen Quellen der fr\u00fchen Neuzeit. Das gilt ebenso f\u00fcr fr\u00fche Dichter von Sagenballaden wie Uhland. Gerade in solchen \u00e4lteren Quellen lassen sich Sage und Geschichte mitunter schwer auseinanderhalten.
\n
\nBl\u00fctezeit im Vorm\u00e4rz<\/strong>
\n
\nJustinus Kerners Ballade \u201eDer Geiger zu Gm\u00fcnd\u201c, zuerst 1816 im \u201eMorgenblatt\u201c abgedruckt, zeigt wiederum, dass auch nicht jede solche Ballade tats\u00e4chlich auf eine \u201eechte\u201c Sage zur\u00fcckgeht. Der Stoff war n\u00e4mlich der Legende von der heiligen K\u00fcmmernis entnommen, die mit der Stadt (Schw\u00e4bisch) Gm\u00fcnd rein gar nichts zu tun hat. In Zusammenarbeit mit Uhland verlegte Kerner die Handlung dorthin, wo sie sich dann im Laufe der Zeit zur weit bekannten Lokalsage entwickelte. [
<\/a>13<\/a>] Und dies ist bei Weitem kein Einzelfall.
\n
\nDer bereits erw\u00e4hnte Magenau sollte der Erste ein, der ein reines Sagenbuch in W\u00fcrttemberg ver\u00f6ffentlichte: 1825 erschien sein B\u00e4ndchen \u201ePoetische Volks-Sagen und Legenden gr\u00f6\u00dfthenteils aus Schwaben\u201c, welches die Sagen ausschlie\u00dflich in Balladenform darbot. [
<\/a>14<\/a>] Einen gr\u00f6\u00dferen geografischen Raum umfassten die \u201eRheinsagen\u201c, die 1837 vom Bonner Philologen und Dichter Karl Simrock herausgegeben wurden. Von Holland bis in die Schweiz versammelt der \u00fcber 500 Seiten starke Band Sagenballaden von Simrock selbst sowie von unterschiedlichsten Autoren wie Adelbert von Chamisso, Ludwig Uhland oder August Schnezler. [<\/a>15<\/a>]
\n
\nLetzterer gab 1846 selbst ein zweib\u00e4ndiges \u201eBadisches Sagen-Buch\u201c heraus, welches Prosa und Ballade mischte, [
<\/a>16<\/a>] w\u00e4hrend sein Landsmann Eduard Brauer, von dem einige Texte aus dem \u201eSagen-Buch\u201c stammten, mit den \u201eSagen und Geschichten der Stadt Baden\u201c bereits ein Jahr zuvor ein reines Balladenbuch vorgelegt hatte. [<\/a>17<\/a>] Auch die erste hohenzollerische Sagensammlung erschien in Versform: Der Hechinger Seifensieder und Kommunalpolitiker Ludwig Egler legte 1861 den Band \u201eAus der Vorzeit Hohenzollerns. Sagen und Erz\u00e4hlungen\u201c vor.
\n
\nDie M\u00e4r vom germanischen Heidentum<\/strong>
\n
\nZu dieser Zeit hatte jedoch schon ein Paradigmenwechsel in der Besch\u00e4ftigung mit Sagen eingesetzt. War diese anfangs noch eher literarisch und landesgeschichtlich motiviert, so begannen nun Feldforscher wie der T\u00fcbinger Orientalist Ernst Meier damit, die Sagen so \u201eauthentisch\u201c wie m\u00f6glich aus dem Volksmund aufzuzeichnen. Im Zuge der mythologischen Sagendeutung wollte man von den Sagenballaden bald nichts mehr wissen, es z\u00e4hlte fortan nur noch die \u201eechte\u201c Sage. Inspiriert von Jacob Grimms \u201eDeutscher Mythologie\u201c glaubte man, in den d\u00e4monologischen Sagen die Reste eines vorchristlichen germanischen G\u00f6tterglaubens finden zu k\u00f6nnen: \u201eDie Gelehrten fragten bei ihrer Suche nach der altgermanischen Identit\u00e4t aller Deutschen allzugerne nach Wissen von Wotan und Freia\u201c [
<\/a>18<\/a>], merkt Rudolf Schenda zu den Sammeltechniken in der Mitte des 19. Jahrhunderts an. Dabei darf jedoch nicht angenommen werden, die Sagensammler h\u00e4tten nicht doch das gesammelte Material nach ihren pers\u00f6nlichen Vorlieben und Vorstellungen selektiert und umgestaltet, wie Klaus Graf am Beispiel Meiers zeigt. [<\/a>19<\/a>]
\n
\nErnst Meier war ein \u00fcberaus flei\u00dfiger Sammler, der 1852 mit dem dreib\u00e4ndigen Werk \u201eDeutsche Sagen, Sitten und Gebr\u00e4uche aus Schwaben\u201c eine umfangreiche Zusammenstellung vorlegte. Im Gegensatz zu seinen Vorg\u00e4ngern war er offenbar tats\u00e4chlich viel unterwegs im Land und notierte akribisch, was ihm zu Ohren kam. \u00c4hnlich ging der aus Wurmlingen stammende Germanist Anton Birlinger vor. Er gab 1861 zusammen mit dem Arzt und Dialektautor Michael Buck aus dem oberschw\u00e4bischen Ertingen die Sammlung \u201eVolksth\u00fcmliches aus Schwaben\u201c heraus, ein zweiter Band erschien im Jahr darauf ohne Mitarbeit Bucks. [
<\/a>20<\/a>]
\n
\nIn dieser Tradition erschienen und erscheinen bis heute zahllose regionale Sagensammlungen. Auch die Heimatb\u00fccher, die ab dem Beginn des 20. Jahrhunderts aufkamen, beinhalteten fast immer neben der Darstellung der Ortsgeschichte auch lokale Sagen. Die Zeit der Sagenballaden war mit dem Aufkommen der mythologischen Sagendeutung zwar noch nicht vollends vor\u00fcber, doch hatten sie bald nicht mehr den Stellenwert, den sie bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts gehabt hatten. Sie wurden weiterhin geschrieben und publiziert, in Zeitungen oder Zeitschriften wie den Bl\u00e4ttern des w\u00fcrttembergischen Schwarzwaldvereins. Ganze B\u00e4nde wie die 1883 herausgegebenen \u201eSchw\u00e4bischen Balladen\u201c des Stuttgarter Regierungsrats Karl Doll wurden jedoch selten. [
<\/a>21<\/a>] Doll war selbst ein Sammler von Sagen, die er in Anton Birlingers Zeitschrift \u201eAlemannia\u201c ver\u00f6ffentlichte, doch seine Balladen standen in der Tradition der Romantiker Schwab und Uhland.
\n
\nSagenballaden heute?<\/strong>
\n
\nIm Laufe des 20. Jahrhunderts kamen die Sagenballaden \u2013 wie Balladen allgemein \u2013 mehr und mehr aus der Mode. In der Schule wurden sie in den 1920er- und 30er-Jahren offenbar noch gelesen: \u201eSchw\u00e4bische Sagen wurden zu meiner Schulzeit noch in der Form rezipiert, die ihnen Ludwig Uhland in seinen Balladen und Romanzen aus w\u00fcrttembergischer Sage und Geschichte gegeben hat\u201c, erinnert sich der Volkskundler Lutz R\u00f6hrich. [
<\/a>22<\/a>] Der eine oder andere Heimatdichter schrieb noch Balladen \u00fcber die Sagen der n\u00e4heren Umgebung, doch erfreute sich die Prosasage deutlich gr\u00f6\u00dferer Beliebtheit. Sie erschien in der Zeit zwischen den Weltkriegen verst\u00e4rkt in einer Form, die Klaus Graf treffend als \u201es\u00fc\u00dflichen Heimatkitsch\u201c [<\/a>23<\/a>] bezeichnet \u2013 die \u201eDeutschen Sagen\u201c der Br\u00fcder Grimm erscheinen geradezu n\u00fcchtern gegen\u00fcber manchem Produkt dieser Epoche.
\n
\nIm Nationalsozialismus st\u00fcrzten sich die Ideologen schlie\u00dflich mit Eifer auf die Sagen, in denen sie ganz im Sinne der mythologischen Sagendeutung die Wurzeln des germanischen Glaubens suchten. Als \u201eheimatliches Kulturgut\u201c passten Sagen bestens in die Blut-und-Boden-Ideologie der Machthaber. Angesichts solcher Verirrungen wundert es nicht, dass Sagen und sonstigen volkskundlichen Themen nach dem Zweiten Weltkrieg ein zwiesp\u00e4ltiges Image anhing. Das Ende des Nationalsozialismus bewirkte auch nicht \u2013 wie vielleicht zu erwarten w\u00e4re \u2013 ein Ende der abstrusen Vorstellungen von Sagen als \u201eVolksgut\u201c, als von Generation zu Generation \u00fcberlieferte \u00dcberreste heidnischen Glaubens. Daran haben, so Klaus Graf, zahlreiche \u201eauf den schnellen Absatz berechnete Sagenb\u00fccher\u201c ihren Anteil, die einerseits die Sagenrezeption der NS-Zeit schlichtweg ausblenden und andererseits die \u201eHeimat-Rhetorik\u201c fr\u00fcherer Autoren \u00fcbernehmen und die Klischees weiter tradieren. [
<\/a>24<\/a>]
\n
\nW\u00e4hrend sich die Prosasage ungebrochen allgemeiner Beliebtheit erfreut, f\u00fchrt die Sagenballade heute ein Schattendasein. Wenn in Sagensammlungen der vergangenen 40 Jahre \u00fcberhaupt Balladen auftauchen, dann nur in deutlicher Unterzahl. Die gegenw\u00e4rtige Vorstellung von einer Sage ist eindeutig der Prosatext. Auch die Wissenschaft hat wenig Interesse an den Sagenballaden: F\u00fcr die Volkskunde sind sie nicht von Bedeutung, da sie nicht dem \u201eVolksmund\u201c entstammen, und aus Sicht der Germanistik d\u00fcrfte es sich bei den allermeisten dieser Gedichte schlicht um Unterhaltungsliteratur handeln.
\n
\nDiese Seiten sollen ein kleiner Beitrag sein, Sagenballaden als Teil der Literatur- und Kulturgeschichte ernst zu nehmen und dem interessierten Publikum darzubieten.
\n
\nAnmerkungen<\/strong>
\n
\n
<\/a>[1] Hermann Bausinger: Formen der \u201eVolkspoesie\u201c. 2., verbesserte und vermehrte Auflage. Berlin 1980. S. 181. [zur\u00fcck<\/a>]
\n
\n
<\/a>[2] Vgl. ebd. S. 187. [zur\u00fcck<\/a>]
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\n
<\/a>[3] Klaus Graf: Sagen der Schw\u00e4bischen Alb. Leinfelden-Echterdingen 2008. S. 7. [zur\u00fcck<\/a>]
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\n
<\/a>[4] Ebd. S. 8. [zur\u00fcck<\/a>]
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\n
<\/a>[5] Klaus Graf: Schwabensagen. Zur Besch\u00e4ftigung mit Sagen im 19. und 20. Jahrhundert. \u00dcberarbeitete und erweiterte Version (Stand Oktober 2007). S. 44. Online verf\u00fcgbar bei der [Uni Freiburg<\/a>]. [zur\u00fcck<\/a>]
\n
\n
<\/a>[6] Otto Kn\u00f6rrich: Lexikon lyrischer Formen. 2. \u00fcberarbeitete Auflage. Stuttgart 2005. S. 24. [zur\u00fcck<\/a>]
\n
\n
<\/a>[7] Hartmut Laufh\u00fctte: Die Deutsche Kunstballade. Grundlegung einer Gattungsgeschichte. Heidelberg 1979. S. 383. [zur\u00fcck<\/a>]
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\n
<\/a>[8] Zu lesen hier: Klaus Graf: Proben W\u00fcrttembergischer Sagen. [Archivalia<\/a>]. Neuss 2012. [zur\u00fcck<\/a>]
\n
\n
<\/a>[9] Morgenblatt f\u00fcr gebildete St\u00e4nde v. 18. Januar 1821. S. 61. Online verf\u00fcgbar bei [Google Books<\/a>]. [zur\u00fcck<\/a>]
\n
\n
<\/a>[10] Online verf\u00fcgbar bei [Internet Archive<\/a>]. [zur\u00fcck<\/a>]
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<\/a>[11] Klaus Graf: Schwabensagen. Zur Besch\u00e4ftigung mit Sagen im 19. und 20. Jahrhundert. \u00dcberarbeitete und erweiterte Version (Stand Oktober 2007). S. 15. Online verf\u00fcgbar bei der [Uni Freiburg<\/a>]. Uhlands Gedichtsammlung in der Erstausgabe von 1815 ist online verf\u00fcgbar bei [Wikisource<\/a>]. [zur\u00fcck<\/a>]
\n
\n
<\/a>[12] Winfried Woesler: Die historische Ballade. In: Winfried Woesler (Hrsg.): Ballade und Historismus. Die Geschichtsballade des 19. Jahrhunderts. Heidelberg 2000. S. 7\u201313, hier S. 11. [zur\u00fcck<\/a>]
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\n
<\/a>[13] Klaus Graf: Schwabensagen. Zur Besch\u00e4ftigung mit Sagen im 19. und 20. Jahrhundert. \u00dcberarbeitete und erweiterte Version (Stand Oktober 2007). S. 15. Online verf\u00fcgbar bei der [Uni Freiburg<\/a>]. Zur Legende von der heiligen K\u00fcmmernis siehe [Wikipedia<\/a>]. [zur\u00fcck<\/a>]
\n
\n
<\/a>[14] Online verf\u00fcgbar bei [Wikisource<\/a>]. [zur\u00fcck<\/a>]
\n
\n
<\/a>[15] Online verf\u00fcgbar bei [Internet Archive<\/a>]. [zur\u00fcck<\/a>]
\n
\n
<\/a>[16] Online verf\u00fcgbar bei Wikisource: [Band 1<\/a>] [Band 2<\/a>]. [zur\u00fcck<\/a>]
\n
\n
<\/a>[17] Online verf\u00fcgbar bei [Google Books<\/a>]. [zur\u00fcck<\/a>]
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<\/a>[18] Rudolf Schenda: Von Mund zu Ohr. Bausteine einer Kulturgeschichte volkst\u00fcmlichen Erz\u00e4hlens in Europa. G\u00f6ttingen 1993. S. 251. [zur\u00fcck<\/a>]
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<\/a>[19] Klaus Graf: Schwabensagen. Zur Besch\u00e4ftigung mit Sagen im 19. und 20. Jahrhundert. \u00dcberarbeitete und erweiterte Version (Stand Oktober 2007). S. 31. Online verf\u00fcgbar bei der [Uni Freiburg<\/a>]. [zur\u00fcck<\/a>]
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<\/a>[20] Online verf\u00fcgbar bei Wikimedia Commons: [Band 1<\/a>] [Band 2<\/a>]. [zur\u00fcck<\/a>]
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<\/a>[21] Online verf\u00fcgbar bei [Internet Archive<\/a>]. [zur\u00fcck<\/a>]
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<\/a>[22] Lutz R\u00f6hrich: Volkspoesie ohne Volk. Wie \u201am\u00fcndlich\u2018 sind sogenannte \u201aVolkserz\u00e4hlungen\u2018? In: Lutz R\u00f6hrich und Erika Lindig (Hrsg.): Volksdichtung zwischen M\u00fcndlichkeit und Schriftlichkeit. T\u00fcbingen 1989. S. 49\u201365, hier S. 53. [zur\u00fcck<\/a>]
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<\/a>[23] Klaus Graf: Schwabensagen. Zur Besch\u00e4ftigung mit Sagen im 19. und 20. Jahrhundert. \u00dcberarbeitete und erweiterte Version (Stand Oktober 2007). S. 41. Online verf\u00fcgbar bei der [Uni Freiburg<\/a>]. [zur\u00fcck<\/a>]
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<\/a>[24] Klaus Graf: Sagen der Schw\u00e4bischen Alb. Karlsruhe 2008. S. 18. [zur\u00fcck<\/a>]
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Sagenballaden sind, wie auch Sagen in Prosa, Produkte der romantischen Bewegung am Anfang des 19. Jahrhunderts. Einfach gesagt handelt es sich bei einer Sagenballade um eine Sage in Versform. Doch hinter der Gattungsbezeichnung \u201eSage\u201c verbirgt sich ein breit gef\u00e4chertes Sammelsurium … Weiterlesen →<\/span><\/a><\/p>\n","protected":false},"author":1,"featured_media":0,"parent":0,"menu_order":2,"comment_status":"closed","ping_status":"closed","template":"","meta":[],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/sagenballaden.de\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/898"}],"collection":[{"href":"https:\/\/sagenballaden.de\/wp-json\/wp\/v2\/pages"}],"about":[{"href":"https:\/\/sagenballaden.de\/wp-json\/wp\/v2\/types\/page"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/sagenballaden.de\/wp-json\/wp\/v2\/users\/1"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/sagenballaden.de\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=898"}],"version-history":[{"count":12,"href":"https:\/\/sagenballaden.de\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/898\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":2117,"href":"https:\/\/sagenballaden.de\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/898\/revisions\/2117"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/sagenballaden.de\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=898"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}